ICD 10 F64. Wer ist hier krank? (Update)
In Berlin will das Jugendamt nach wie vor ein Elfjähriges transexuelles Mädchen gegen den eigenen Willen und den der Mutter zwangsweise in die Psychiatrie einweisen – mit anschließendem Aufenthalt in einer Pflegefamilie. In der Psychiatrie soll sie lernen sich wie ein “richtiger” Junge zu verhalten. In der Pflegefamilie soll sie “geschützt” werden vor einer Mutter, welche die Transsexualität akzeptiert.
Nach wie vor basiert diese Entscheidung auf der Einschätzung einer einzigen Mitarbeiterin des Jugendamtes welche keine besondere Qualifikation in Sachen Transsexualität bei Kindern hat und für ihre Einschätzung lediglich eine Stunde lang mit dem Mädchen reden musste.
Gegen die Entscheidung des Jugendamtes haben Mutter und Tochter geklagt. Letzten Donnerstag wurde die Klage vom Berliner Kammergericht abgewiesen. Das Gericht bestätigte die Zwangseinweisung und Familienauflösung als angemessen und hielt es nicht für nötig, die Einschätzung eines psychologischen Sachverständigen heranzuziehen, obwohl dieses von Mutter und Kind angefragt wurde.
“Kein Mensch passt in eine Schublade” plakatiert die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Stimmt – aber im Zweifelsfall werden Menschen einfach passend gemacht. Wir können uns noch so kluge Gesetze geben, noch so aufgeklärte Absichtserklärungen veröffentlichen – wenn das Bauchgefühl der Mehrheit gegen etwas rebelliert, in diesem Fall Transsexualität, wird diese Ablehnung mit Gewalt in das bestehende Rechts- und Ethiksystem hineingedrückt und sei das Ergebnis noch so wiedersprüchlich.
Der Fall geht jetzt vor das Bundesverfassungsgericht. Mag dieses das geschehene Unrecht endlich offiziell benennen und das Mädchen befreit werden von behördlicher Gewalt gegenüber intimsten Teilen der Persönlichkeit.
- Hier der aktuelle taz-Artikel zu dem Thema,
- hier eine Online-Petition, die versucht, Aufmerksamkeit für diesen Fall zu generieren (der Fall wird dort aber anders dargestellt als von der taz geschildert).
cc-by Jonas Schöley